Raus aus der Stadt

Gestern war ich in Garsten, beim Garstener Advent. Garsten liegt in Oberösterreich, bei Steyr und ich bin schon oft mit dem Zug durchgefahren auf dem Weg zur Sommerfrische bei der Königinmutter. Vom Zug gut sichtbar ist das riesige Stift, das seit 1851 ein Gefängnis ist, auch das ist vom Zug aus gut sichtbar. Bei der Einfahrt mit dem Auto wird es nicht weniger gruselig, nicht weil ich Angst vor den Insass_innen hätte, sondern weil Gefängnisse gewaltvolle, furchtbare Orte für Menschen sind. Auch wenn ich euch nun vom schönen Adventmarkt erzähle, mag ich das nicht ausblenden.

Jetzt aber zum schöneren Teil: In Garsten war ich mit einer ortskundigen Freundin unterwegs, die mir erst einmal die hübsche Bibliothek zeigte, denn aufgrund dieser hatten wir uns eigentlich kennengelernt. Ich habe in den Kinderbüchern gestöbert und gleich ein paar für meine nächsten Buchbesprechungen gefunden. Zuerst muss ich sie allerdings noch im System der Wiener Büchereien finden und in Ruhe nochmal anschauen.

Und dann gingen wir los. Zuerst in den Pfarrsaal, wo die handarbeitenden Garstner_innen Tisch um Tisch mit genähten, gestickten, gestrickten, gehäkelten und sonst noch gebastelten Sachen belegt hatten. Besonders beeindruckt war ich von den handgestrickten Trachtenzopfsocken, weil die unglaublich viel Arbeit sind. Später in der Volksschule, in der ebenfalls handgefertigte Dinge ausgestellt wurden, sah ich dann wohl eine der Sockenstrickerinnen am Spinnrad und hätte gerne mit ihr geredet, aber sie saß gleich bei einem Durchgang und war auch gerade in ein Gespräch vertieft.

Vom Pfarrsaal gingen wir dann auf den Markt hinaus, der den Ortskern in Beschlag nimmt und weitgehend frei von Autos ist. Der Fokus des Marktes liegt auf Handwerk und der Region, daher gab es viele Schauschmieden und einen Stand des Nationalparks Eisenwurzen. Vor der einen Schauschmiede gibt es ein Extrabrett für Kinder, damit die über die Brüstung des Standes schauen können. Auch werden traditionellerweise Baumstämme zu Balken zugehauen, aus denen dann Häuser bzw. Dachstühle für Kapellen etc. gemacht werden. Daneben gibt es eine große Vielfalt von Essensständen und die Luft duftet nach Maroni, Braterdäpfeln, Würsteln, Käse, Zuckerwatte, gebrannten Mandeln, Geselchtem, ach.

Auf dem Weg zum Bücherflohmarkt der Bibliothek und zur Volksschule kamen wir an einem Stand mit Alpakawolle und daraus gestrickten und gehäkelten Sachen vorbei, die auch drei Alpakas in einem Gehege hatten, die gestreichelt werden konnten. Sie mäh-määähten eher jämmerlich und taten mir leid. Alpakawolle streicheln ja bitte, Alpakas selber bitte auf der Weide lassen. Möh.

Gleich danach gingen wir durch eine Passage und dort war ein Stand mit Sachen aus Porzellan und Keramik, die mir ins Auge fielen.  Später besuchten wir den Stand noch einmal und ich plauderte mit der Frau, die ihn betrieb. Ich wollte eine Visitenkarte oder die URL ihrer Website, um zu sagen, woher ich die schönen Sachen hatte – hatte sie aber beides nicht. Dafür hat sie einen Brennofen auf dem Balkon, den sie allerdings nur betreiben kann, wenn es draußen warm ist, da die Balkontür für das Starkstromkabel offen bleiben muss.

Ich fand das cool. Gerade kürzlich hatte ich darüber nachgedacht, dass ich zwar viele Ideen für alles Mögliche habe, die ich aber selten und meist erst später ausführe und gleichzeitig Zweifel daran habe, ob die überhaupt so toll werden, wie ich mir das denke und ob die überhaupt Anklang finden und hier war eine Person, die einfach ihr Ding machte, ihre Ideen ausführte und die vor allem eines nicht wollte: Dass es zu ihrer Arbeit wurde. Ich sollte mir sie zum Vorbild nehmen, so wie ich gerade mit meinem Strickzeug hadere, weil ich wieder einmal viel zu viele Sachen für andere Leute geplant habe und mir damit unnötig Druck mache. Ich hätte jedenfalls gerne fast ihren gesamten Stand mitgenommen – auch ihre Schüsseln waren wunderschön, aber ihre feinen Porzellan- und Keramikanhänger und -schmuckstücke gefielen mir am Besten.

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Als nächstes wanderten wir durch die Volksschule. Viele der Aussteller_innen arbeiteten an weiteren Stücken – Keksausstechern, Wanderstäben, Glaskugeln, etc. Besonders gefallen haben mir die Glasmalerin, die Weihnachtskugeln mit Namen und Mustern bemalte und beglitzerte und der Stand der Blaudruckerei Wagner, einer der zwei Blaudruckereien in Österreich. Diese Druckerei ist im Mühlviertel und druckt auch zweifärbig. Die andere ist die Blaudruckerei Koo im Burgenland, über die ich schon einmal geschrieben habe. Aber es gab noch eine Menge anderer erstaunlicher Dinge, kunstvoll bemalte Lebkuchen, gedrechselte Holzschüsseln, Kugeln und Kreisel, “Explosionsboxen” – Papierschachteln, die beim Abnehmen des Deckels auseinanderfielen und ihr Innenleben preisgaben, z.B. ein Backherd mit Keksen im Lebkuchenhaus, gewebte Teppiche, gefilzte Hüte und Kleidung, Reisigbesen …

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Danach gingen wir in die Stiftskirche, die mir sehr bekannt vorkam, irgendwo hatte ich kürzlich eine Kirche mit ähnlichen barocken Verzierungen gesehen, aber mir fällt immer noch nicht ein, wo genau. Jedenfalls hat sie eine sehr schöne Tür und einen Altar, der mit getriebenem Silber verziert ist, umwerfend.

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Auch die Altarsäulen sind fantastisch, mit den kleinen Figuren auf den Ranken. Leider wollte die Smartphonekameras sie nicht so gut aufnehmen.

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Danach wanderten wir dann in die Neue Mittelschule, in der immer die Fotoausstellung des örtlichen Naturfreunde-Fotoclubs stattfindet. Dort waren auch Weihnachtsbäume zu sehen, die von verschiedenen örtlichen Volksschulen und Klassen der neuen Mittelschule geschmückt worden waren. Besonders gefielen mir der Duftbaum, der Wollbaum und der Recyclingbaum.

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Duftbaum der Volksschule Garsten

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“Wir arbeiten mit Filz” – Baum der Volksschule Aschach/Steyr

“Das Christkind liebt Recycling” – Neue Mittelschule Garsten

Schon beim Durchwandern und jetzt beim Schreiben nochmal wurde für mich überall die viele Arbeit sichtbar, die hinter dem Adventmarkt steckt. Wie viele Stunden saßen die Personen, die den Pfarrsaal mit Selbstgemachtem gefüllt hatten? Wer schmückte die Weihnachtsbäume, die in der Volksschule und anderswo standen? Wer machte die Torten für das Goldhaubenkaffee? Wieviele Leute da für Betreuung der Stände und Ausstellungen aus dem Ort organisiert waren – dank meiner Freundin blieben sie nicht irgendwelche Menschen, sondern ihre Verwandten, Kolleg_innen, Freund_innen. Die Musiker_innen, die sich hinsetzten und spielten, die Aussteller_innen, die an ihren Stücken arbeiteten, die Lehrer_innen und Kinder, die die Weihnachtsbäume vorbereiteten. Und dann noch die Menschen in der Vergangenheit – die, die die vielen lustigen und schönen Teile des Altars in der Stiftskirche fertigten, die Tür mit ihren Verzierungen schmiedeten, die Kirche renovierten und die Menschen, die unter den Nazis zum Bau der Staukraftwerke entlang der Enns gezwungen wurden …

Irgendwie finde ich, dass der Adventmarkt viele Spannungsfelder sichtbar machte. Die Gratwanderung zwischen Traditionalismus, Konservativismus, Tradition, regionalem Leben, Ortsleben und seine Erhaltung, den Stellenwert und die heutigen Umstände von Handarbeit und Handwerk, die Geschichte und Strukturen, die allem unterliegen und uns alle umgeben – drum war der Garstener Adventmarkt für mich nicht nur einfach “Yay, Weihnachten”-schön, sondern unglaublich spannend.

 

Sommerfrische 2016, Tag 6: Schmusekater

Gestern habe ich vor lauter Schmusen mit Herrn Schnurrkringel doch tatsächlich vergessen, hier weiterzuschreiben.
CN Essen

Lunz war angesagt, Krapfenkirtag, Webermarkt, Schwumm im See. Der Krapfenkirtag war wieder sehr fein – da backen alle Beteiligten süße und pikante feine Dinge, von Cupcakes über kleine Lauchquiches über traditionelle Schnür-, Mohn-, Kletzen- und Faschingskrapfen. Ich fragte mich, ob sie wieder Windkrapferl haben würden, die mich letztes Jahr so faszinierten – ja, hatten sie – und jetzt weiß ich auch, wie sie gemacht werden.

Der Krapfenkirtag ist jetzt nicht ein Riesenvolksfest oder so, sondern ein kleiner Stand, an dem Frauen* mit viel Erfahrung frische Bauernkrapfen machten, ein großer Stand, an dem die anderen Krapfen aufgestellt waren und ca. 20 Holztische mit Bänken, zum Sitzen & Kaffee trinken. Da saßen um 9 Uhr auch drei Männer*, die Servietten falteten. Also nichts Aufsehenerregendes oder mit besonderem Brimborium, nur viel Arbeit und feines Essen.

Danach besuchten wir den Webermarkt – die Aussteller_innen sind meistens dieselben, aber es gibt jedes Jahr neue feine Stoffe, Garne und Seife.

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Und dann? Dann war der Lunzer See mir das erste Mal zu kalt zum Schwimmen. Dieser Sommer ist kühl und regenreich – wichtig für Wald, Grundwasser, Gewässer und Pflanzen – die Flechten und Moose an den Felsen sind prächtig, alles ist saftig grün und schießt nur so in die Höhe, alle Bäche und Flüsse führen Wasser, manchmal ein wenig zu viel. Das heißt dass sich der See nicht so aufheizen konnte wie die Sommer zuvor, die Luft war kühl und mir auch. Aber die Zehen durften in den See und er war wunderschön wie immer.

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Schließlich fuhren wir auf der Suche nach der Strecke, die wir letzten Sommer gefahren waren durch die Botanik – es ist die zwischen Lassing und Hollenstein an der Ybbs. Letztes Jahr war dort kaum ein Mensch, heuer gab es neue Wegweiser, neue Ausschilderungen und Unmengen Menschen. Dabei ist die Straße über weite Strecken einspurig und sehr kurvig, noch dazu heuer oft nass und mit Moos bewachsen …lauschig eigentlich, bis Motorräder in hohem Tempo vorbeidüsen. Spannend sind die vielen noch vorhandenen Hämmer in denen Eisen verarbeitet wurde, mit hohen Schornsteinen und prächtigen Hammerhäusern. Vielleicht schaffe ich ja nächsten Sommer einmal einen genaueren Blick darauf.

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Im Haus dann noch schnell das grüne Klolicht und den sich in Pose werfenden Herrn Schnurrkringel fotografiert. Er konnte vom Schmusen nicht genug bekommen.

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Darum weckte er mich auch schön früh. Heute fahren wir nachhause und noch ist es sehr neblig, so dass ich den Hügel hinter dem Haus gar nicht sehen kann. Jetzt sollte ich dann aufstehen, aber da ist schon wieder der Kater …

Sommerfrische 2016, Tag 5: Argh

Nicht der beste Tag heute, meine concern trollende Mutter hat mir den Tag vermiest.

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In Spital am Pyhrn gibt es kein Felsbildermuseum mehr, aber eine pastellfarbene barocke Stiftskirche.

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Das Beste war das Sprechen mit der einen Gästin, Tochter einer langjährigen Freundin meiner Mutter – wir haben viel gemeinsam & der Blick von Außen tut gut.

Und dieser hier, der mir gerade laut schnurrend & flauschig in den Armen liegt.

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Sommerfrische 2016, Tag 4: Buaahhh

Hm. Heute haben wir das Haus für 2 Gästinnen vorbereitet & der Typ der Königinmutter kam zurück & ich wollte gerne nachhause. Aber noch 2 Tage voll netten Dingen warten, also …

Gerade frage ich mich, wo das Katzentier ist, denn der soll über Nacht natürlich drin sein, sonst rauft er sich wieder oder wird überfahren & es regnet auch. Hoffentlich liegt er in seiner Kiste.

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Heute Nachmittag

Nach dem Essen kam er kurz schmusen, aber jetzt ist es zu belebt. Hm.

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Morgen geht’s dann auf den Klostermarkt und zur Steinführung durch das Stift Admont.

Update: Tier sicher in seiner Rückzugskiste verstaut. \o/

Sommerfrische 2016, Tag 3: Blumen

Nachdem der Kater um halb sechs zum Schmusen kommt, schlafe ich wieder ein bis kurz nach zehn, das ist mir schon lange nicht mehr passiert.

Es folgt ein weiterer ruhiger Tag, ich bemühe mich um das Design eines Pullunders für Nibling1, recht erfolgreich. Tatsächlich würde ich den Pullunder sofort behalten, aber ich verwende ihn als Teststück für ein großes Exemplar.

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Dazwischen beobachte ich den Kater, wie er vom Holzrost in die Wiese in den Schatten wechselt, je nachdem, wie heiß ihm ist.

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Und die Blumen … ich vermisse das #teamrosaprinzessin ein wenig.

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Dann finde ich Hinterlassenschaften von Zeitreisenden.

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Das runde Zucchini betört mich mit seinen Streifen & kleinen Ranken – am Montag darf ich eines mitnehmen.

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Und blau.

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Sommerfrische 2016, Tag 2: Faulheit

Keine Fotos gemacht. Gelesen. Die Sonne und den Wind im Garten genossen. Meinen rechten Arm geschont, der war von der Schulter bis zu den Fingerspitzen beleidigt. Jetzt geht’s ihm besser.

Herr Schnurrkringel hat kahle Stellen am Kopf, eine Kruste auf der rechten Seite seines Mauls und ist bis am Spätnachmittag in seiner Rückzugskiste. Gestern hat er sich heftig gerauft. Als er dann endlich rauskommt, ist er fauchig und knurrig. Am Abend schauen wir Filme, endlich kommt er schmusen, aber seeehr vorsichtig. Er ist doch einfach zu alt für Kämpfe, armer Schnuckel. Also steht er jetzt unter Beobachtung …

Die Königinmutter und ich genießen die Ruhe, ihr Typ ist nach Wien abgereist, wir haben also bis Freitag kein Auto, das ist uns aber auch egal, der Supermarkt ist ja gegenüber. Am Freitag kommen auch noch weitere Gästinnen* und wir planen, was wir kochen werden. Zum Glück ist aber morgen erst einmal Donnerstag.

Sommerfrische 2016: Tag 1

Ich bin nur eine Woche hier, vergesse das aber dauernd. Fast hätte ich zu viel Strickzeug eingepackt. Diesmal fahre ich nicht direkt zur Königinmutter, sondern erst nach Steyr und treffe sie dort. Sie und K., die uns schon letzten Sommer in Steyr herumgeführt hat und mit der ich schon auf etlichen Eistouren in Wien war.

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Leider gibt es Schaumschnitten nur am Donnerstag und am Sonntag. Nach dem Cafébesuch machen wir uns auf zum Museum Arbeitswelt Steyr, in dem gerade eine große Wanderausstellung zum Thema Zwangsarbeit im Nationalsozialismus zu sehen ist. Sie ist gut gemacht und umfassend, ein paar Aspekte hätten ausführlicher dargestellt werden können und sie könnte barriereärmer sein (keine Brailleschrift, viele Beschriftungen & Exponate nicht lesbar für Personen in Rollstühlen).

Besonders frappant war wieder einmal die Tatsache, dass unter der schönen Fassade – in Steyr, entlang der Enns und eben wirklich überall im ganzen Land – das Grauen steckt, wie in Berlin, nur dass die Orte dort bekannter sind und hier selbst meine sehr gut informierte Mutter nicht wusste, dass die Kraftwerke entlang der Enns von den Nazis initiiert und zunächst von Zwangsarbeiter_innen gebaut wurden. Heute werden sie als Zeichen des österreichischen Wiederaufbaus angesehen (wie bezeichnend).

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Links die Steyr, rechts das Museum

Danach wanken wir erschöpft in einen Renaissanceinnenhof. Auf dem Weg zum Bahnhof esse ich Liebstöckel-Weichsel-Tomaten- und Honig-Mohn-Eis. Das erste ist ziemlich umwerfend, das zweite auch sehr gut.
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Und schließlich kommen wir dort an, wo die Königinmutter wohnt, und Herr Schnurrkringel lässt sich in die Arme nehmen.

Malven blühen.
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15 Grad

Draußen hat es 15 Grad und ich erinnere mich an die Sommermorgen im Tessin und wünschte, ich wäre dort. Am Morgen war es immer kalt. Das Tal ist so eng, dass die Sonne das Haus erst spät erreicht. Manchmal sahen wir zu, wie der Schatten des Berges hinter uns langsam über den Schatten des Berges vor uns glitt, über den Fluss, immer näher ans Haus heran, bis die Sonne uns endlich erreichte.

Am Morgen mussten wir uns warm anziehen. Das Frühstück fand an einem riesigen Steintisch statt, draußen unter einer Pergola, die mit Americanareben überwachsen war. Die Küche und der Kühlschrank waren nicht weit, also halfen wir dabei, alles hinauszuschleppen, Geschirr, Joghurt, Obst, Butter, Aufstriche, Käse, Fleisch, Brot.

Um 9 Uhr erklang ein lauter Ton – der Beck war da, ein kleiner Wagen mit Verdeck, der Brot brachte, auch Milch, Joghurt und andere Notwendigkeiten, der nächste Supermarkt war weit entfernt. Es lohnte sich gar nicht, vor 9 Uhr zu frühstücken – fuhren wir einmal früher fort, zum Markt nach Bellinzona, dann frühstückten wir dort, im Café auf der Piazza vor der Kirche.

Die Luft duftete immer so. Sie duftet noch immer so. Die Brötchen dufteten auch immer so. Wenn der Tisch gedeckt war, kamen auch alle, Kinder und Erwachsene, und frühstückten gemeinsam. Wenn die Sonne kam, wurde es schnell heiß und alles leicht verderbliche wurde in den Schatten gestellt und wanderte mit.

Waren wir fertig, wurde alles wieder hinein getragen und dann wurden die Zähne geputzt und dann machten wir vielleicht kurz Pause, besuchten Katzen, lasen ein paar Seiten, aber eigentlich ging es dann an den Fluss, denn es wurde heiß, heiß, so dass die Fußsohlen brannten, wenn wir barfuß gingen.

Ich kenne noch jeden Schritt und die Wand des Berges vor uns, über 2000 Meter hoch, den Weg zum Fluss und die Felsen, von denen die größten noch so sind wie früher, aber sonst war vieles anders, als ich das letzte Mal dort war. Die Morgen rochen noch immer gleich.

Am Land, Tag 1,5

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Es ist das erste Mal, das allererste Mal, dass ich ganz alleine, nur mit dem Kater, im Haus der Königinmutter am Land bin. Sie ist dafür in der Stadt, in meiner Wohnung. Sie hat Konferenz. Ich hüte den Kater, denn die Renovierungsarbeiten in Wien mag er nicht.

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Es ist ein wenig abenteuerlich zur Zeit, denn aufgrund eines Wasserrohrbruchs ist das Wasser die meiste Zeit abgedreht. Nur morgens und abends, zum Auffüllen der Klospülungen und sonstigen Wasserbehälter, zum Duschen und Abwaschen wird es kurz angedreht, draußen am Haupthahn der beim Gartentor ist.

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Gerade habe ich eingeheizt – ich bin in den Alpen und es regnet gerade viel, außerdem soll das Haus nicht auskühlen – und muss nun in der Küche warten, bis das Feuer sich gut eingebrannt hat. Außerdem habe ich Hunger. Um Wasser zu sparen könnte ich auf das Duschen verzichten, aber da hier die Menschen spontan vorbeischauen, ist es klüger, ich wasche mich.

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Gerade habe ich den Toast angebrannt. Es gibt hier sogar ein altes eisenes Toastgestell, das auf den heißen Holzherd gestellt werden kann, aber wie die meisten Dinge muss es erst einmal von Spinnweben befreit werden. Also nutze ich halt den Toaster. Brennt der Ofen gut? Ja. Es ist nur ein kleiner Küchenofen, aber es reicht eine Füllung, ein Holzbrikett, und die Küche ist warm.

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Der Kater spaziert draußen herum, aber in Hausnähe. Am Samstag begann er plötzlich zu hinken, dann lief er wieder ohne Hinken. Gestern tastete ich ihn wiederholt ab, einmal knurrte und biss er, einmal beim Schmusen murrte er wie ein Leopard und ich stellte fest, dass es das linke Bein war. Später am Abend nochmal und – nichts. Heute morgen lief er flink die Stiegen hinunter und ging so wie immer. Also was jetzt?

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Der nächste Tierarzt liegt über den nächsten Hügel, mit dem Auto eine halbe Stunde entfernt. Ich habe kein Auto und könnte es auch nicht fahren. Also den Kater beobachten, bevor ich anrufe, um eine Visite auszumachen. Ist es der viele Regen, das viele Liegen? Hinkt er dann mehr? Murrt er vielleicht nicht, aber atmet er flach, wenn ich sein Bein abtaste?

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Zu tun habe ich – nicht viel und doch einiges. Die Maiglöckchen umsetzen, denn ihr Beet wird bei der Reparatur des Wasserrohrbruchs aufgegraben. Eine Kiste mit wichtigen Papieren suchen, die meine Mutter irrtümlich mitgenommen haben könnte. Spazierengehen, Schnecken von den Lupinen fernhalten, Stricken, Kater schmusen und noch so Dinge.

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Aber erst mal sitze ich draußen, die Füße in der Sonne, mit Strickzeug und E-Reader und frage mich, wo der Kater ist. Wahrscheinlich irgendwo, im Haus oder draußen, schlafen oder Katzenfreund_innen besuchen.

Die Königin takes the long way home

Ich wollte schon einen Tag früher nach Wien, um meine geliebten Anime zu schauen etwas Zeit zum Ankommen zu haben. Also stiegen die Königinmutter und ich in die Kutsche und fuhren los. Zuerst rüber …

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dann rauf, über die Donau …

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… weeeit hinauf, durch Teile Oberösterreichs, die den Ortsnamen nach in Großbritannien liegen könnten.

Im ganz Geheimen will ich ja im Lotto gewinnen, um in der Gegend einmal eingehend herumzureisen und alle Orte auf ihren dominanten Baustil untersuchen. Es gibt nämlich in diesem Eck Oberösterreichs jede Menge Orte, die ca. zur gleichen Zeit reich wurden und einen Großteil der ev. vorhandenen mittelalterlichen Bausubstanz durch barocke ersetzten, mit ähnlichen Ortsstrukturen (Marktplatz). Der Reichtum der Städte kann an der Größe des Marktplatzes, der Kirche und der Häuser abgelesen werden. Vielleicht hat das aber auch schon eine andere Person getan … wär mir auch egal. Die Städte lagen alle mehr oder minder an Handelsrouten – und verarmten mit der Abnahme des Handels zur gleichen Zeit, also konnten sie ihre Ortskerne meist nicht nocheinmal ummodeln.

Eferding, wo wir nicht hielten, ist so eine Stadt. Irgendwann komme ich dort nochmal hin. Rohrbach ist in weit geringerem Ausmaß eine solche Ortschaft (zu faul um zu googlen ob Rohrbach eine Stadt ist). Dort hielten wir und erwarben auf dem kleinen Markt am Hauptplatz Brot.

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Unser Ziel war aber Haslach an der Mühl, wo jedes Jahr am dritten Wochenende im Juli ein Webermarkt stattfindet. Das letzte Mal waren wir dort entweder 2002 oder 2003 – und damals war der Markt noch klein und entspannt. Heute ist es eine Großveranstaltung, für die der Ortskern in eine Fußgänger_innen*zone verwandelt wird und außerhalb alle verfügbaren Parkflächen mit Hilfe der Feuerwehr zugeparkt werden.

Haslach ist auch so eine Ortschaft. Durch das Mühlviertel gingen nicht nur wichtige Salzhandelsrouten, sondern die Region war auch auf Textilproduktion spezialisiert, speziell auf die Leinenweberei (so wie viele, viele andere Regionen Europas). Wenn ihr dort quer durch die Botanik fahrt, werdet ihr wunderschöne Fabriken aus der späteren Textilproduktionsphase sehen (Ja, Industriearchitektur ist toll).

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Um Haslach herum gab es einmal eine Mauer (muss doch eine Stadt sein). In der Ortschaft gibt es dann so nette Häuser wie diese:

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Beim Webermarkt werden vor allem Stoffe, Kleidung, Accessoires, Schmuck, gesponnes Garn und Rohwolle zum Spinnen verkauft. Also für jede Altersgruppe, aus jedem Material (z.B. auch Filz oder Papier), aus ganz Österreich und angrenzenden Ländern und weit darüber hinaus kommen Menschen, die mit der Produktion von Textilien beschäftigt sind. Z.B. sah ich einen Stand der burgenländischen Blaudruckerei, die ich letzten Sommer besucht habe.

Die vielen Autos wiesen auf viele Menschen hin, es war heiß und erst einmal fühlte ich mich unwohl. Also fokussierte ich auf andere Dinge …

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Ich wollte nicht langsam von Stand zu Stand gehen und verabredete einen Treffpunkt mit der Königinmutter. Zwei Wollstränge später war ich sowieso in textiler Hinsicht zufrieden. Dann erspähte ich

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den Kirchenturm (ja, auch Kirchenarchitektur mag ich) und als ich näherkam, sah ich Menschen auf der Galerie herumspazieren. Da mir der Turm nicht allzu hoch vorkam, beschloss ich, hinaufzukraxeln.

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Der Turm war ursprünglich kein Kirchen- sondern ein Wehrturm, mit Zugbrücke. Drinnen befinden sich etliche Räume, sogar mit eingebautem Backofen (also einem sehr alten).

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Oben dann ein weiter Blick in drei Himmelsrichtungen, die vierte ist durch einen bewaldeten Hügel etwas verstellt.

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Ein paar Partikularinteressen

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Dann pfiff die Königinmutter unten. Kurz die Kirche wollte ich noch anschauen.

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Die Königinmutter hatte Obst und Gemüse eingekauft. Ich musste ein wenig kichern. Aber Auto, Karte rausgenommen – Botanik! Zwischen Bad Leonfelden (Lebkuchen) und Freistadt (Bier) fuhren wir wieder hinunter zur Donau, holterdipolter, Umwege um Hochzeiten machend, eben Fabriken, Vierkanthöfe und Landschaft begaffend.

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Grölend trafen wir in Wien ein. Das Radio hatte nichts für uns gespielt und Fahrmusik hatten wir nicht mit. Also sangen wir alles, was uns einfiel.

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The end! Zumindest der Ferien.