Post-Frantz-Gefühle

CN Körper, Krankheit, Gewicht(sverlust), eingeschränktes Essen, anxiety, Dissoziation

Jeden Tag entdecke ich etwas neues an meinem Körper. Ich habe so lange still gehalten im Spital und für mich das Bild eines runden, grauen Steines vor Augen gehabt, der vom Wasser überspült und abgeschliffen wird, ohne dass etwas Gravierendes passiert. So habe ich alles ausgehalten, die Klammern, die Schläuche, die Nasensonde, die andauernden Spritzen, Infusionen, Blutabnahmen und den Hautausschlag. Ich hatte auch nicht viel Zeit, meinen Körper genau zu betrachten, es war ja alles Interessante bepflastert und der Pflasterwechsel ging ruckzuck und dann war schon wieder eine weiße Schicht Stoff über allem, dann ein Unterhemd, dann das Stützmieder, dann das Nachthemd.

Wenn ich Zeit hatte mich anzusehen, im großen Spiegel des Bades, dann nur um Fenistil auf meinen Ausschlag zu schmieren und mich dann schnell wieder einzupacken, denn das große Bad ist von 9-12 für Patient_innen, die beim Waschen Hilfe benötigen reserviert. Duschen konnte ich auch nicht all zu oft – wegen der Pflaster bzw. wegen der Infektionsgefahr – und oft nur zur Hälfte, entweder unten oder oben. Oft war einfach nur Waschen drin, unter den Achseln, Gesicht und Babyfeuchttücher für den Hintern. Zum Glück hatte ich die mit, ich sag euch, nehmt euch reichlich Babyfeuchttücher ins Krankenhaus mit, wenn ihr mal operieren gehen müsst.

Nun bin ich aber zuhause. Ich habe Zeit zum Duschen. Ich habe keine Schläuche und Pflaster mehr, nur noch Narben. Ich habe große Spiegel. Ich habe meine geliebten Kleider und Stricksachen und Wintermäntel und und und. Ich stelle fest, wieviele Löcher ich im Bauch habe: 7. Ich zähle, wieviele Klammern meine Narbe zusammenhielten: 21. Mein zahlenmagischer Sinn ist befriedigt, aber insgeheim komme ich mir vor wie der heilige Sebastian. Die große Narbe sieht aus wie ein Axolotl, finde ich.

Ansonsten bin ich geschrumpft. Trotz allem Spazieren im Spital sind meine Muskeln zusammengeschrumpft und mein liebes Fett hat ohnehin die Gastritis schon weggeschliffen. Ich sehe mich in den Spiegel und frage mich, wem diese Zahnstocherbeinchen gehören sollen. Ich kann keine BHs tragen, weil mir die Bügel die ungepolsterten Rippen zerquetschen. Meine Hüftknochen tun weh, weil da weder seitlich noch am Hintern ein Polster ist, der sie schützt. Meine Wintermäntel, die ich letzten Winter kaum mehr zubrachte, schlottern um mich herum. Die Ärmel des selbstgestrickten Pullis sind plötzlich viel zu lang, weil auch meine Schultern schmäler geworden sind.

Außerdem ist mir kalt. Mir. Kalt. Mir.

Erst nachdem ich mich erkältet habe, komme ich darauf, dass ich mich wärmer anziehen muss. (Und was macht das politisch mit mir, die ich nun definitiv keine fat femme mehr bin?)

Sonst? Meine Periode ist mehr als eine Woche überfällig und mein Körper gibt null Zeichen von sich, dass sie anstünde. Vielleicht bin ich von den vielen Malen, an denen ich ankreuzen musste, dass ich garantiert nicht schwanger bin, schwanger geworden. Meine Verdauung kommt ganz langsam wieder in Schwung, nachdem ich mich jeden Morgen brav mit Leinsamensud und Porridge und Apfelmus und am Abend mit Magnesium trieze, aber der ganze Prozess bleibt irgendwie quälend. Zu Mittag muss ich mich immer erinnern, Babyaspirin zu nehmen, denn haha, Überraschung, die Milz ist doch ziemlich wichtig.

Wie? Alle sagen, ohne Milz lässt es sich auch gut leben? Ja. Nur gerade ist sie nicht da, um die alten Thrombozyten, die alten Blutplättchen, aus dem Blut zu filtern. Also schweben die ungefiltert herum und klumpen sich zusammen und das Risiko für so lustige Dinge wie Herzinfarkte, Schlaganfälle und Thrombosen aller Art steigt stark an. Irgendwann übernimmt diesen Job das Knochenmark, aber nicht im gleichen Maß, d.h. dieses Risiko ist nun bei mir dauerhaft erhöht. Das Babyaspirin wirkt blutverdünnend, aber schlägt auf den Magen und ich kriege viel mehr blaue Flecken. Yay.

Beim Impfen diese Woche – auch wegen der fehlenden Milz, denn die ist nun nicht mehr da, um Bakterien, die eine harte Schale haben zu bekämpfen – erfahre ich dann, dass mein Risiko an einer Blutvergiftung zu sterben nun deutlich erhöht ist und ich z.B. bei Tierbissen sofort zur_m Ärzt_in oder ins Krankenhaus gehen soll und eigentlich immer Antibiotika bei mir haben sollte, falls ich an einem Ort sein sollte, wo ich nicht sofort medizinische Hilfe erhalten kann. Aha? Solche Infos erreichen mich quasi zwischen Tür und Angel und ich kann mich dann selbst beruhigen, dass ein Stechen in der Herzgegend wahrscheinlich nur Verspannungen sind. Wahrscheinlich. Dieses Lauschen auf jedes Zwicken ist so gut für meine anxiety. Nicht.

Wenigstens scheint meine Bauchspeicheldrüse nun in die richtige Richtung zu safteln und nicht mehr rund um meinen Magenausgang, denn wenn meine Entzündungswerte noch hoch wären, würde sich das Krankenhaus ja melden. Hoffe ich. Noch halte ich mich meistens brav an die Vorschrift der leichten Vollkost, also alles, aber wenig Fett und wenig Zucker und keine Hülsenfrüchte, kein Kohl und keine anderen blähenden Dinge. Die darf ich dann irgendwann versuchen und gucken, ob mir danach schlecht wird oder ich implodiere oder tot umfalle, so ganz klar ist mir nicht, was dann passieren soll. Da ich aber schon Käse mit mehr als 45% Fettgehalt und sogar Eis (halt wenig) gegessen habe ohne tot umzufallen oder sonstige Folgen, mache ich mir weniger Sorgen und bin halt größtenteils vernünftig. Die Lust auf Süßigkeiten ist mir ohnehin irgendwie vergangen.

Gleichzeitig tut mir mein Körper leid, dass ich so auf ihn schimpfe. Er funktioniert doch. Ich kann doch aufstehen, Essen machen, duschen, Stiegen steigen, auch wenn manche Dinge länger dauern. Ich kann sogar einkaufen, auch wenn ich noch nicht viel tragen darf. Ich kann Dinge vom Boden aufheben, ich darf mich nur nicht bücken, sondern muss in die Hocke gehen, das hilft gleich meinen Beinmuskeln. Zwar zwacken meine zusammengenähten Bauchmuskeln immer noch und möchten entlastet und gestreichelt werden, aber ach. Armer Annenkörper. Ich hoffe, ich finde in der Reha wieder in mich hinein.

Eigentlich …

Eigentlich war ich schon am Montag entlassen worden, denn die OP war gut verlaufen & alles heilte scheinbar gut & kam mir schon ganz als lästige Patientin vor. Dann war ich zuhause, aber irgendwas stimmte nicht. Ich begann, sauer zu rülpsen und zu erbrechen. Am Donnerstag fuhr ich mit meiner Mutter in die Notaufnahme, was auch richtig war, denn die Bauchspeicheldrüse hatte weiter Sekret von sich gegeben, das sich hufeisenartig um den Magenausgang legte & diesen blockierte.

Also wurde mir eine Sonde durch die Nase in den Magen gesteckt, was scheiße weh tat und sich scheiße anfühlt & keinem Menschen geschehen sollte, um den armen Magen zu entlasten. Und in die Flüssigkeitsansammlung wurde ein Drain gesetzt, damit sie abfließt und ich wieder essen und trinken kann und die Magensonde entfernt wird. 

Tja, leider musste ich gerade feststellen, dass das noch nicht funktioniert hat. Eventuell brauche ich eine 2. Drainage. Oder der Darm ist auch verstopft. Also bleibt die Nasensonde noch drin. Und ich noch im Spital. Bläh.

Am Deck des Dampfers

Es ist bald Zeit, mein Smartphone abzugeben, bis Freitag oder Samstag. Schnell noch was tippen – kein sorgsam überlegtes Testament, kein Brief. War mir dann doch zu blöd. Es wird alles gut gehen, haben M. & ich beschlossen.  

Morgen gleich um 8 geht es los. Ich melde mich wieder.

Frantz heißt die Kanaille

Montag. Heute hatte ich nochmal einen Termin mit der Therapeutin, die für meine Station zuständig ist. Noch zweimal Schlafen, noch eineinhalb Tage Zeit für die Vorbereitungen. Ich stelle mir das ganze wie eine Schiffsreise vor, in einem Wolkenschiff hoch über den Dächern Wiens. Und wie bei einer Reise hoffe ich, dass ich nur vorher nervös bin und entspannt sein kann, sobald ich mein Bett gefunden habe und ordentlich eingecheckt bin.

Gerade habe ich drei Wollschals zum Packberg gelegt, damit ich kuschelige Dinge dabeihabe und allerlei Gewürze und Flüssigkeiten in kleine Gläser getan, damit ich daran riechen kann, wenn der Spitalsgeruch meine Nase betäubt hat oder das Essen – wenn ich denn dann essen darf – zu fad ist.

Eine durchsichtige Tasche, voll mit acht kleinen Gläsern, in die Gewürze und bunte Flüssigkeiten gefüllt wurden.

Meine Mutter hat meinem Vater und auch meinem Onkel und ihren Klient_innen oft solche Riechgläschen mitgebracht. Ich räume langsam alles vom Esstisch und verstaue diverse Dinge, die auf dem Sofa herumliegen. Plötzlich fällt mir siedend heiß ein, dass ich für einen Artikel, den ich erst noch schreiben muss, auch ein Foto brauche! Schnell schneide ich aus einer alten Zeitung eine Schneeflocke.

Eine Schneeflocke aus Papier liegt auf einem Stapel aus Büchern.

Ich leere mein Necessaire dreimal aus, weil ich mich nicht konzentrieren kann. Endlich komme ich drauf, dass ich die Zahnpasta vergessen habe. Meine Nerven flattern ein wenig. Was, es ist schon halb sechs? Immer wieder gehe ich meine To-Do-Liste durch, nur langsam kann ich Dinge abhaken.

Es ist Montag Abend. Ich schreibe schnell den Artikel und möchte laut singen, als ich zum Glück doch noch eine Anleitung für genau den Origamitannenbaum finde, der mir am Besten gefällt. Es sind die kleinen Dinge. Danach werde ich flipperig. Ich kann nicht mehr abschätzen, wie lange alles was noch zu tun ist dauern wird. Wird es morgen stressig oder geruhsam? Komme ich dazu, meine Nägel zu lackieren oder kann ich das doch einfach im Spital machen? Ich weiß ja nicht, ob am Mittwoch im Spital noch viel zu tun ist oder ob ich mich einfach langweile bis am nächsten Morgen. 

Aus, beschließe ich. Es ist Zeit für Essen, für einen Hollywoodschinken, der auf einem Ozeandampfer spielt. Alles andere kann warten. 

Begleitet von Filmen nähe ich endlich Augen auf die Puppe, die ich für Susu gestrickt habe, nach Jiji aus dem Film “Kiki’s kleiner Lieferservice“ von Hayao Miyazaki. Es ist ein bisschen schwierig, eine zweidimensionale Figur in drei Dimensionen zu übersetzen, aber mit ein bisschen Drücken und Quetschen geht’s. 

Eine gestrickte schwarze Katze mit großen Ohren und Augen und einer roten Masche um den Hals.

Dienstag. Ich wache nach zu wenig Schlaf und mühsamen Träumen verspannt auf. Wahrscheinlich habe ich meine Zähne fest zusammengebissen, mein Kiefer tut weh. In drei Stunden lese ich 25 kleinen Kindern vor.

Zwei Stunden später bin ich nervös und hungrig. Bis mir einfällt, dass ich einfach kalte Milch in den Kaffee tun kann, damit er schneller abkühlt, dauert es. Aber ich mache mir doch Frühstück und eile dann aus dem Haus. Ich vergesse meine Brille zu putzen. Ich vergesse ein Ding zu Hause, das ich noch erledigen sollte. Der Papiermüll ist voll und ich kann meine Altpapiertasche nicht ausleeren. Ich setze meine Kopfhörer auf und hülle mich in japanische Popmusik.

Die 25 Kinder lassen sich locker unterhalten. Auf dem Heimweg muss ich in der Straßenbahn fast heulen, denn meine Ärztinfreundin erklärt mir, dass ich auf der Intensivstation mein Smartphone sehr wahrscheinlich nicht haben werde. Aber … was mache ich dann dort? Anscheinend Schmerzen haben und viel schlafen wollen. Ich kann es mir gar nicht wirklich vorstellen. Jedenfalls habe ich nun wieder Angst. Ich möchte schnellstens zurück in mein flauschiges Zuhause. Dort liege ich nun auf dem Sofa und heule.

Aber weil Heulen den Frantz nicht zum Verschwinden bringt, mache ich mit meinen Vorbereitungen weiter und pinsle meine Zehennägel an. Dann mache ich einen großen Topf Erdäpfelpüree und dezimiere die eiserne umeboshi-Reserve ein wenig. Nun liege ich einfach ruhig auf dem Sofa, denke darüber nach, dass ich mir so bald als möglich nach der OP temporäre Tattoos auf den Bauch klatschen werde und mache mich daran, einen Blick auf die To-Do-Liste zu wagen.

Die Liste schrumpft. Ich habe alle Wollreste durchgesehen und die Stoffe, die ich zum Besticken verstaut hatte. Gemein finde ich, dass ich tatsächlich noch Geschirr abwaschen muss. Ich lese die lieben Emails, die mir eine Freundin schreibt und heule erneut, denn mein Onkel kündigt an, dass mich meine Tante morgen gleich im Spital besucht. Sie arbeitet dort und wird wohl auch auf der Intensivstation nach mir sehen. Ich räume die letzte Ladung Geschirr in die Spülmaschine und stelle mich dem Abwasch. 

Stunden und lange Telefongespräche später hat mein Smartphone die benötigte Musik und ich meine Fotos gesichert. So richtig habe ich immer noch keine Antworten auf meine Fragen, aber die kriege ich hoffentlich morgen. Gepackt ist noch nichts, aber ich habe nun Hunger und möchte erst einmal eine Pause, obwohl ich gerade sehe, dass ich ja noch die Wäsche zusammenlegen wollte. Also schnell die To-Do-Liste ergänzen. Alles liegen lassen wäre natürlich auch eine Option. 

Es ist Zeit, die letzte Nacht zu verschlafen. Auch meine Fingernägel sind nun lackiert, die letzten wichtigen Filme nochmal gesehen zur Stärkung und zum gut Träumen, die Taschen und der Rollkoffer sind gepackt. Plötzlich möchte ich statt Jiji lieber mein Nilpferd mitnehmen, aber das kann ich mir morgen noch überlegen.

Meine Familie hat mich nicht etwa angerufen oder so. 

Dafür bekomme ich morgen im Spital schon Besuch. Gut, ich versuche jetzt das mit diesem Schlafen.

Frantz und die Angst

CN anxiety, Krankheit

In ein paar Tagen ist es soweit. Wenn mich Menschen fragen, ob ich mir was wünsche oder ob ich was Besonderes brauche, scherze ich und sage, ich hätte gerne einen Zaubertrank, der mich von jetzt bis nach der Operation schlafen lässt. Irgendwie erwarte ich eine stoische Ruhe, aber die kommt nicht. Vielleicht Donnerstag früh. Ich habe eine ungefähre Packliste, ein Dokument, das Besuchsliste heißt, ein paar Ideen und viele Ängste und Unsicherheiten.

Hauptsächlich habe ich natürlich Angst, dass etwas schief geht. Dass mir viel mehr von der Bauchspeicheldrüse entfernt wird als geplant. Dass sie nicht richtig heilt, denn, oh Wunder, es kann sein, dass sie undicht wird und die Verdauungssäfte in den Bauchraum gehen und nicht in den Darm. Was es nicht alles gibt. Aber für genau so einen Fall komme ich ja zuerst auf die Intensivstation – auch ein angsteinflößender Gedanke, juhu.

Ich habe auch so lustige Ängste wie: Was, wenn ich jetzt meine Haare nicht regelmäßig waschen kann? (Note to self: Mützen einpacken, Schatz.) Und so unlustige Ängste wie: Was wenn ich die Personen die ich um regelmäßigeren Besuch gebeten habe überfordere? Vor allem habe ich Fragen: Wann kann ich wieder aufstehen? Was sollte noch dringend auf der Packliste stehen, an das ich gar nicht gedacht habe? Reicht der Speicher auf meinem Smartphone für die wichtigste Musik? Kriege ich gleich wenn ich aus der Narkose aufwache mein Smartphone? Wenn nicht, wie lange muss ich warten?

Die letzten Tage waren vor allem schwierig und stressig. Letzten Donnerstag sollte ich plötzlich eine Sache erledigen, die dem Anschein nach extrem dringend war, aber überhaupt nicht dringend ist. Bis ich das erfuhr hatte ich aber schon eine fast schlaflose Nacht zugebracht und Magenkrämpfe vor Stress.  Eigentlich wollte ich noch eine Menge Dinge essen, die ich den Sommer über wegen der Gastritis nicht essen konnte, aber plötzlich schmeckte mir kein Essen mehr und ich bekam Schwierigkeiten, mich überhaupt regelmäßig zu ernähren. Ganz toll. Das geht jetzt wieder. Ich kann auch wieder schlafen. Ich wollte auch noch ALLE Ghiblifilme gucken, aber auch das ging nicht. Also habe ich einfach die Filme geguckt, die ich nochmal sehen wollte. Den Wichtigsten spare ich mir bis Dienstagabend auf. Aber so ist alles was ich tue auf einmal mit viel zu viel Bedeutung überladen und trotzdem ungeheuer banal und sogar fast nervig. Es ist ein schwer auszuhaltender Zustand.

Heute sprach ich dann mit meiner Familie – meine Mutter ist ja bei meinem Bruder und hütet die Niblinge. Ich hatte auf ein freundliches, unterstützendes Gespräch gehofft und irgendwie die Zusage, dass sie fest an mich denken, mir alles Gute wünschen und am liebsten bei mir wären. Tja, nein. Stattdessen sagte mir meine Mutter erst jetzt, dass sie erst eine Woche nach meiner geplanten Entlassung aus dem Spital nach Wien kommt. Ähhhhh, was? So ungefähr ging es weiter und am Ende der Unterhaltung wollte ich mich am liebsten dafür bedanken, dass ich meine Familie definitiv nicht vermissen werde wenn ich im Spital bin. Ich darf mir jetzt aber Sorgen machen, wie ich aus dem Spital nach Hause komme und längerfristig stark darüber nachdenken, wie nah ich meiner Familie eigentlich noch sein will. Ach, es wird alles so lustig. So ungeheuer lustig.

Ich kann mich jetzt aber nicht im Bett verkriechen, denn heute ist Packtag. Ich möchte nicht am Dienstag auf den letzten Drücker noch alles einpacken müssen. Heute ist auch der Tag, an dem ich alles Gemüse verkocht habe, das noch zu verkochen war. Heute ist auch der Tag, an dem ich die letzten Sachen gewaschen habe, die noch zu waschen sind. Es ist noch einiges zum Aufräumen da, aber das spare ich mir für die nächsten zwei Tage zur Beruhigung auf. Denn Beruhigung brauche ich und bis ich mich schlicht im AKH ins Bett fallen lassen und die Decke anstarren kann, dauert es noch. Nicht mehr lange, aber noch sehr lange.

Frantz und das Essen

CN Krebs, Tod, Depressionen, Essensstörung(en), Essen, Diät(en)

Bei einem Gespräch über dieses Thema sagte A. “People want things to be ok. Sometimes it’s not ok.” – “Menschen möchten, dass alles ok ist. Manchmal ist es nicht ok.” M. sagte fast dasselbe, als ich mit ihr darüber sprach, dass es mich sehr nerve, alles Frantzige immer als eh nicht so schlimm abqualifizieren zu müssen: “Manchmal ist es einfach oasch.” Denn erzähle ich davon, dass es einen Frantz in meinem Leben gibt, kommt von der Hälfte der Menschen ein Kommentar dazu, dass die Ernährungsumstellung, mit der ich sehr wahrscheinlich rechnen muss, wenn mir ein Teil der Bauchspeicheldrüse entfernt wird, eh gut ist. Oder mir eh gut tun wird. Oder dass ich mich dann besser werden fühle.

*hier Wutausbruch einfügen*

Mir werden sehr wahrscheinlich ein Organ (die Milz, die ist ja nicht wichtig, nur für die Abwehr von Bakterien und Blutreinigung und solche Sachen, haha, was weiß ich, wo meine Milz sitzt) und ein Teil eines extrem wichtigen Organs, der Bauchspeicheldrüse, entfernt. Nochmal: Teile meines Körpers. Die mein Körper braucht. Die Bauchspeicheldrüse braucht mein Körper sogar extrem dringend. Auch wenn nur ein Stückchen fehlt, hat das Auswirkungen auf die Art und Weise, wie mein Körper Nahrung verdaut.

Was gibt’s da für Möglichkeiten danach? Tja, Ernährung umstellen. Und_oder Medikamente nehmen. Ach, Ernährung umstellen, das ist ja nicht so schlimm, das hab ich ja während der Gastritis auch gemacht, oder? Ja. Hab ich. Und es war Scheiße. Es ist immer noch Scheiße! Und jetzt wird es dann wohl anders Scheiße, aber das ändert nichts daran, dass es im schlimmsten Fall für den Rest meines Lebens Scheiße sein wird.

Ich bereite mich nicht aus Jux und Tollerei bzw. dem Wunsch oder Zwang, mich an die dickenfeindlichen gesellschaftlichen Normen anzupassen darauf vor, mich für immer mit meiner Ernährung beschäftigen zu müssen. Ich möchte das gar nicht! Ich will es nicht müssen! Das ist kein Lifestyleding, kein gesünder Leben wollen, keine Entscheidung, das hier passiert, ohne dass ich *irgendetwas* dagegen tun kann. Außer sterben. Sterben ist die Alternative. Oder hey, es passiert ein Wunder und sie nehmen nur die Milz raus. Aber über das “positive Denken” schreibe ich ein andermal, hier meine wichtigste Inspiration für Realismus: Barbara Ehrenreich (Youtube-Video).

Manche Menschen entscheiden sich fürs Sterben und ich verstehe das. Warum? Tja, als mein Vater sterbend im Spital lag, im gleichen so genannten “Bettenturm“, in dem ich auch bald liegen werde, dem grünen, nur auf einem anderen Stockwerk, da brachten ihm alle Schokolade, denn die wollte er essen und das Essen im Spital schmeckte ihm nicht und war aufgrund seiner Schluckbeschwerden z.B. auch schwierig zu essen – er verschluckte sich immer an den Kräutern auf der Suppe, obwohl wir 100mal darum baten, dass sie keine draufstreuen sollten.

Vorher hatte er sich jahrelang kaum Süßes gegönnt, obwohl er Süßes genauso liebte wie ich. Im Sommer vielleicht ab und zu ein Eis oder Stücke von den Kuchen und Torten, die ich gerne buk und ihm hinstellte. Zuhause kochte er sich in seinen letzten Jahren nur noch Reis. Mit sehr exakt klein geschnittenem Gemüse. Manchmal kam Besuch, dann gab’s etwas anderes, aber manchmal gab es auch dann Gemüsereis. Nur in seinen letzten drei Wochen wünschte er sich jeden Tag feinste Schokolade. Nach seinem Tod hatten wir noch eine ganze Tasche voll.

Ich möchte so nicht leben und so nicht sterben. Ich wollte noch nie so leben. Ich sah immer verwundert meiner Mutter zu, die Ahornsirupkuren machte, bei denen sie nur Wasser mit Ahornsirup, Zitronensaft und Cayennepfeffer trank und zur Feier Gemüsebrühe. Aktuell fastet sie jeden zweiten Tag, weil sie glaubt, dass davon ihr (genetisch bedingter) hoher Blutdruck sinkt.

Sie war es auch, die mir einredete, ich sei zu dick, damals als ich plötzlich nicht mehr unter ihrer täglichen Kontrolle stand und mich im Schweizer Essensparadies befand. Pech für sie, ich fand in den Jahren darauf überall köstliche Dinge und nahm immer mehr zu. Ich habe nur einmal eine Diät probiert, mit meinem damaligen Freund, low carb. Irgendwann ging mir der Hunger auf Erdäpfel durch. Danach habe ich meine Ernährung nie mehr freiwillig eingeschränkt. Leider sollte es noch lange dauern, bis ich fat activism entdeckte.

Vor einigen Jahren schrieb ich dann einen langen Blogpost auf Englisch, weil mir das Thema noch zu nahe war, “On eating while depressed“ – vom Essen während einer Depression. Damals war der Anlass, dass eine Bekannte versuchte, mich zur veganen Ernährung zu bekehren, nachdem ich darüber getweetet hatte, dass ich mir Käsetoast gemacht hatte. Ohne dass sie wusste, dass das die erste warme Mahlzeit nach einer Woche voll Müsli und kaltem Bohnensalat und Chips und Schokolade war. Denn während einer Depression oder depressiven Phase kann es ungeheuer schwer sein, sich überhaupt zu ernähren. Besonders wenn es z.B. keinen triftigen Grund gibt, rauszugehen, denn Rausgehen bedeutet (für mich) immer eine Menge von Tätigkeiten, die während einer Depression unglaublich schwer fallen, weil einfach *alles* schwer fällt.

Selbst wenn ich dann rausgehe, heißt das, dass ich alle Kraft für dieses Rausgehen aufwende und keine Kraft mehr für Dinge habe wie Kochen, Abwaschen, Geschirr verräumen. Und nein, Essen gehen oder sich Essen liefern lassen ist für mich auf die Dauer nicht leistbar. Wie dankbar war ich da meinen Lieben, wenn sie mich bekochten. Daraus lässt sich der Schluss ziehen: nicht selbst gewählte Ernährungseinschränkungen, die aus welchen Umständen auch immer viel selbst Kochen bedeuten, sind schwierig für mich. Und von den immer wieder vorkommenden Klicks, Likes und Kommentaren unter meinem Post zu schließen, auch für andere.

Und dann kommen Leute und wollen mir erklären, wie gut es nicht sei, Zucker zu reduzieren und wie gut sie sich nicht fühlen, ihre Ernährung umgestellt zu haben und dass es mir sicher genauso gehen wird. Oder dass es sich heute mit Diabetes schon sehr gut leben lässt. Ja. Macht nur, aber erzählt mir bitte nicht davon, es interessiert mich nicht bzw. triggert es mich. Ich habe das die letzten vier Monate gemacht, weil ich die Abheilung meiner Gastritis begünstigen wollte. Nach der OP werde ich vielleicht meine Ernährung umstellen müssen, weil ich noch nicht sterben mag. Das heißt nicht, dass ich das gerne oder freiwillig mache oder dass es in welcher Form auch immer ok ist. Es ist oasch für mich. Schon mal Diabetiker_innen oder Menschen mit Nahrungsmittelallergien oder unfreiwilligen Nahrungseinschränkungen aus was immer für Gründen gefragt, ob sie das gerne machen?

Nein, fragt nicht. Bitte haltet unbedingt zuerst die Klappe und wenn, dann fragt, ob ein Gespräch darüber jetzt_später_überhaupt ok ist. Ich weiß, es ist schwierig, auch mir fällt es schwer, wenn andere Menschen mir ein Problem erzählen, nicht sofort mit Ratschlägen und Platitüden daherzukommen, denn ich möchte ja, dass es ok ist. Es ist aber nicht ok, sondern oasch und das aushalten zu lernen ist schwer, aber möglich.

Im Moment fällt es mir selbst aber besonders schwer, weil ich allen zurufen will: Freut euch an dem, was ihr habt! Verlasst Menschen & Dinge, die euch nicht gut tun! Genießt das Leben, weil globaler Faschismus & möglicher Atomkrieg & außerdem plötzliche Krankheit & Tod! Ich versuche dann den Mund zu halten, weil ich weiß, dass ich ein wenig überreagiere. Oder  ich versuche vorsichtig zu sein. Zu fragen, ob Ratschläge erwünscht sind. Was anderes zu sagen als ausgeleierte Phrasen, was ungeheuer schwierig ist. Wichtigstes Wort: Versuchen, denn natürlich gelingt es mir nicht immer. Und ich merke es an mir: Je dünner meine Haut wird, weil die Operation immer näher rückt, desto weniger halte ich solche Dinge aus.

Frantz und der Tod

CN Tod, Krankheit, anxiety, Depression, Suizid

Seit ich den Menschen von Frantz erzähle, hadere ich mit den Reaktionen und mit meiner Reaktion auf sie. Im Moment werde ich oft so wütend, dass es schwierig ist, mich im Zaum zu halten. Eigentlich möchte ich dann schreien, aber ich muss liebevolle Wege finden, um auf Dinge wie (sinngemäß) “Du musst nur positiv denken, dann geht alles gut aus!” zu antworten. So offensichtlich wie für mich sind ja meine aktuellen Gedanken nicht – und da ich Menschen nicht noch mehr zumuten möchte, sage ich auch nicht, dass ich mich für den schlimmsten Fall vorbereite, also meinen eigenen Tod.

Unwahrscheinlich? Ich weiß es nicht. Für den Chirurgen, der den Eingriff macht und mit dem ich ihn vor fast zwei Wochen – es scheint schon Ewigkeiten her – besprochen habe, ist es Routine. Aber für mich nicht. Für mich ist das alles und das ganze Rundherum keine Routine. Wie schon geschrieben war ich dieses Jahr zum ersten Mal im Krankenwagen, in der Notaufnahme, als Patientin im Krankenhaus, unter Narkose. Das ist schon alles gravierend und beunruhigend genug für mich mit meiner anxiety.

Leider funktioniere ich dann sehr gut. Und je alleiner ich bin, desto besser funktioniere ich. Ich wollte bei allen Untersuchungen und Terminen im Krankenhaus nicht, dass meine Mutter mitkommt, sonst müsste ich mehr fühlen, weil ich ihre Aufregung und ihre Sorgen direkt und indirekt durch ihr Verhalten mitkriege. Ich bin deshalb auch froh, dass sie während der OP und danach nicht da ist. Das macht es vielleicht logistisch ein wenig schwieriger, aber für mich wird es leichter sein, nehme ich jetzt einmal an.

Von außen wirke ich also oft abgeklärt. Normal. Entspannt. Ich scherze. Vielleicht trägt auch das dazu bei, dass die Menschen denen ich von Frantz und seinen Konsequenzen erzähle reagieren, als wäre das alles nicht so schlimm. Ich mag sie nicht belasten. Ich mag ihnen auch nicht zeigen, wieviel Angst ich habe, wo meine wunden Stellen sind, wie dunkel es ist in Teilen von mir, wie unfassbar wütend ich bin. Vor allem nicht, wenn es Menschen sind, mit denen ich noch nicht einmal ansatzweise über meine Depressionen und anxiety geredet habe und die meine Ansätze nicht so teilen. Vielleicht fällt es mir deshalb leichter, darüber zu tweeten und zu bloggen, viele wissen ja schon, dass ich Depressionen habe und wo ich politisch ungefähr stehe und da schließe ich den Feminismus mit ein.

Zurück zum Tod. Dieses Jahr hatte ich schon das Gefühl, dass der Tod mich verfolgt. Ich tippte schon die Phrase “death is in my veins” in die Notiz-App meines Smartphones als ich noch nicht mal wusste, dass ich Gastritis habe, geschweige denn einen Frantz. Die Trauer um Herrn Schnurrkringel war so intensiv. Und wurde dann durch Susus Ankunft unterbrochen, was sicher auch gut war, aber. Susu gibt es auch nicht mehr. Die Trauer um ihn hatte weit weniger Platz vor lauter Gesundheitszeug, aber war da, darunter. Tod mitzuerleben bringt mich immer in die Nähe meines eigenen Todes. Ich wünschte mir halb und hatte trotzdem Angst davor, aus der Narkose, unter der ich für die Untersuchung im Krankenhaus sein musste, nicht mehr aufzuwachen.

Und jetzt muss ich schon wieder unter Narkose. Diesmal eine weitaus längere, tiefere. Und ich werde aufgeschnitten. Mir werden sehr wahrscheinlich Organe bzw. Teile davon entnommen. Danach komme ich dorthin, wo mein Vater starb. Auch er war zuerst nach einer Herzoperation im 21. Stockwerk des grünen Bettenturms des Allgemeinen Krankenhauses. Ein paar Monate später kam er in den 18. Stock und starb dort. Ich kenne die Gänge noch, den Starbucks im Hauptgang, die Schleichwege, auf denen ich das Krankenhaus verlasse, damit ich mit der Straßenbahn nach Hause fahren kann. Ich wollte nie mehr dorthin zurück gehen müssen.

Aber jetzt muss ich. Ist es da verwunderlich, dass ich mich für den schlimmsten Fall vorbereite? Am Montag habe ich einen Termin bei der Person, die für die psychologische Betreuung der Patient_innen auf der Station zuständig ist. Damit ich bei ihr die Gefühle aussprechen kann, die ich so nicht mit meiner Familie teilen kann und will. Und damit sie aufschreiben kann, was ich mir für mein Begräbnis wünsche, weil ich kann es nicht. Ich kann an gewisse Dinge denken, aber ich kann sie nicht aufschreiben. Vielleicht kann ich diese Gedanken und das Aufgeschriebene dann nachher mit meiner Mutter und meinem Bruder teilen, denn sie werden sich darum kümmern müssen.

Ich hoffe es jedenfalls, denn mein Vater hat nichts mit uns geteilt. Nicht seine Absichten, nicht seine Gefühle. Über seinen möglichen Tod und was in dem Fall zu tun ist, hat er nicht mit uns gesprochen. Ich verstehe das jetzt, denn ich will ja auch meine Liebsten nicht verletzen, aber es hilft absolut nicht, denn der Schock und die Trauer und das Gefühl des allein gelassen seins sind nachher umso stärker. Mein Vater hat nie darüber geredet, wie es war als seine Mutter starb als er 18 Jahre alt war. Meine Mutter hat nie darüber geredet, wie es war als ihr Vater starb als sie 18 Jahre alt war.

Jedenfalls stammt meine Überspiel- und Verdrängtaktik absolut aus der Zeit während und nach dem Tod meines Vaters. Mein Bruder sagte mir, ich hätte so abgeklärt gewirkt zu der Zeit, als ich mich hauptsächlich alleine darum kümmern musste, was mit der Wohnung und dem Nachlass meines Vaters passierte. Es blieb mir nicht viel anderes übrig. Auch jetzt bleibt mir nicht viel anderes übrig, es gibt keine anderen Personen, die mir den Tod meiner Katzen oder den Frantz abnehmen könnten. Aber sie können mich unterstützen und tun es auch.

Ihr seht, wie es in mir wabert. Ich möchte jetzt gar nicht mehr über die Reaktionen schreiben, das wird ein separater Post. Es ging mir um das Festhalten, was in mir abläuft. Vielleicht hilft euch das bei euren Reaktionen auf ähnliche Nachrichten von anderen Menschen. Vielleicht kann ich ja dann Auszüge aus diesem Text meiner Familie schicken. Mehr später.

Der Frantz, der Oasch

CN Tod, Verletzung, Krankheit, Gewicht

Es ist Anfang Februar. Herr Schnurrkringel möchte nicht mehr fressen und trinken. Ich lasse ihn einschläfern. Es geht mir schlecht. Was für ein Scheißjahr, denke ich. Das reicht aber jetzt, denke ich.

Irgendwie raffe ich mich wieder auf. Es wird Frühling. Frühling ist schön. Auf Twitter postet ein Bekannter ein Bild von einer ihm zugelaufenen Katze, die sechs Kätzchen geboren hat. Eines ist schwarz. Ich frage ihn, ob er die Kätzchen hergibt. Wenn das schwarze Kätzchen ein Kater ist, ist es meiner, sage ich.

Es ist ein Kater. Ich suche mir einen Namen aus, den Namen einer Figur aus einem meiner Lieblingsbücher. Auf Japanisch bedeutet der Name “heilen“ und “reparieren“ sagen mir meine Japanisch sprechenden Lieben. Online nenne ich ihn Susu, nach den susuwatari, den Rußbällchen aus den Filmen von Hayao Miyazaki, doch bald heißt er vor allem Herr Baby.

Aber noch habe ich ihn nicht. Noch habe ich vor allem ein nervöses Bauchgefühl, denn ich hab mich noch nie als Erwachsene um ein Kätzchen gekümmert. Ich hole ihn ab. Er ist ein Schatz.

Zwei Tage nach seiner Ankunft kriegt der Schatz Durchfall. Er frisst nicht mehr, ich muss ihm alle paar Stunden mit der Spritze Aufbaubrei geben. Bald jede halbe Stunde, denn zu viel Brei auf einmal verträgt er nicht. Ich schlafe kaum, esse wenig, viel zu schnell, kriege Stressbauchkrämpfe, nehme ab. Im Schlafmangelstress zerhäcksle ich mir mit dem Pürierstab den linken Zeigefinger. Ich habe Glück und verletze keine Sehne. Was für ein Scheißjahr, denke ich. Das war’s jetzt aber, denke ich. Susus Durchfall wird langsam besser. Er frisst wieder selbst.

Ich komme endlich wieder zum langsamen Kochen und koche ein köstliches Ragout mit Champignons, Tomaten, Rindfleisch, Zwiebeln. Danach kriege ich Bauchschmerzen. Ich trinke Tee und nehme bewährte Salbeitropfen. Am nächsten Tag sind die Schmerzen noch da und werden stärker. Ich habe niemanden, der auf Susu aufpasst. Ich nehme ein Ibuprofen und lege mich mit der Wärmeflasche ins Bett.

Am Abend rufe ich bei der neuen Gesundheitsnummer der Stadt Wien an. Dann rufe ich meine Mutter an, die sich auf den Weg nach Wien macht. Kurz darauf fahre ich das erste Mal mit der Rettung, sitze das erste Mal in der Notaufnahme eines Krankenhauses. Ich habe Gastritis. Was für ein Scheißjahr, denke ich. Das war’s jetzt aber, denke ich.

Ich darf erst einmal nur Schonkost essen. Ich nehme weiter ab, Susu nimmt zu und wächst jeden Tag. Manchmal tränen ihm die Augen, manchmal niest er, manchmal hustet er. Ich kriege Magensäureblocker, er kriegt Augen- und Nasentropfen, Vitaminpulver und -pasten. Ich frage mich, ob er eine unterliegende Krankheit hat. Wird schon nichts sein.

Susu fährt das erste Mal mit im Auto, für ein Wochenende aufs Land. Er ist ungeheuer brav und ungeheuer charmant mit allen. Ich gehe auf Anraten meines Hausarztes zur Ultraschalluntersuchung. Wird schon nichts sein. Die Ärztin findet ein Ding. Ich soll zur Computertomographie. Mein Hausarzt schickt mich zur Magnetresonanztomographie. Wird schon nichts sein. Es ist aber ein Ding, ob in oder an der Bauchspeicheldrüse ist immer noch nicht ganz klar. Ok?

Mein Hausarzt schickt mich zum Facharzt, der eigentlich nur einen Termin im Allgemeinen Krankenhaus ausmacht. Ein Endosonogramm und eine transgastrische Biopsie – durch den Magen. Ich werde über Nacht im Krankenhaus bleiben müssen. Ich bitte meine Mutter, Susu zu hüten. Wird schon nichts sein.

Anfang August bemerke ich, dass Susus linkes Auge irgendwie trüb ist. Die Tierärztin verschreibt eine Salbe, das Auge trübt sich weiter, plötzlich ist etwas im Glaskörper, das aussieht, wie eine Wolke. Die Tierärztin verschreibt Tabletten und fährt auf Urlaub. Wird schon nichts sein.

Susus Auge wird aber nicht besser. Nach Anrufen bei verschiedenen Stellen gehe ich mit ihm zur Ausweichtierärztin, Bluttests machen. Hoffentlich ist es was einfaches. Die Tierärztin hält Rücksprache: Es ist FIP, Feline Infektiöse Peritonitis, eine der Katzenkrankheiten ohne Impfung, ohne Heilung. Aber sie muss ja nicht gleich ausbrechen. Was für ein Scheißjahr, denke ich. Das reicht jetzt aber wirklich (bitte bitte), denke ich.

Die FIP bricht aber aus. Herr Baby atmet schwer und ruckartig, verweigert Futter & Trinken. Scheiße. Ich gehe zur Tierärztin und lasse ihn einschläfern. Reicht das jetzt? Mir reicht es zumindest. Was für ein extrem beschissenes Jahr.

Aber es geht weiter, irgendwie. Ich gehe ins Krankenhaus, bekomme meine erste Narkose, träume von Susu, heule beim Aufwachen fürchterlich und kann mich lange nicht beruhigen. Sonst ist der Aufenthalt problemlos. Ich gehe nachhause und warte auf das Resultat. Wird schon nichts sein.

Es ist aber was, ein Frantz-Tumor, benannt nach seiner Entdeckerin, Virginia Kneeland Frantz, ausgesprochen selten, eigentlich gutartig, außer er bildet Metastasen. Meiner ist noch klein. Ich bin erst mal baff. Was für ein Scheißjahr. Hat das alles immer noch nicht gereicht?

Eine Woche später habe ich den Termin zur Besprechung der Operation. Ich erfahre, dass mir nicht nur der Tumor, sondern wohl auch ein Stück der Bauchspeicheldrüse und meine Milz entfernt werden wird. Das können sie aber erst während der OP wirklich sagen. Ich muss für mindestens 12 Tage ins Krankenhaus, mitten im Oktober.

Hä? Aber … wie? Wiiiiieeeeeee??? Aber … hab ich dann nachher vielleicht Diabetes?! Ja. Bzw. muss ich für immer meine Ernährung umstellen. Wenn die Milz entfernt wird, ist auch mein Immunsystem nicht mehr dasselbe. Häääää??? Ja. Dafür wahrscheinlich keine Chemo und die Prognose nach einer OP ist gut.

Aber es ist immer ein klein wenig schlimmer als erhofft, wenn auch nie ganz schlimm. Immer noch ein Glück im Unglück (wie ich diese Phrase mittlerweile hasse). Ich bin eigentlich noch immer baff. Scheinbar reicht es noch nicht und langsam krieg ich Angst. Was für ein Scheißjahr.

Veganer Schokobananenkuchen

Ein Bild von einem weißen Teller mit Kuchenbrösel, darauf liegt links ein kleines Stück dunkelbrauner Schoko-Bananen-Kuchen, rechts eine Kuchengabel mit darauf klebenden Kuchenresten.

Ein Bild von einem weißen Teller mit Kuchenbrösel, darauf liegt links ein kleines Stück dunkelbrauner Schoko-Bananen-Kuchen, rechts eine Kuchengabel mit darauf klebenden Kuchenresten.

#ausGründen habe ich ein Dessertrezept ohne zusätzlichen Zucker *seufz* gesucht und fand auch eines, das vegan, glutenfrei und schnell gemacht ist. Vielleicht kennt ihr es ja schon, ich bin bei veganen Rezepten nicht so bewandert. Der Kuchen lässt sich auch sehr gut skalieren, also in kleinen Portionen als Tassenkuchen und in größeren Portionen als Geburtstagskuchen zubereiten. Er hält sich in Frischhaltefolie und Tupperware eingepackt sehr gut im Kühlschrank. Das Original findet ihr hier, aber dort alles voll mit Triggern und Werbung und es ist auf Englisch. Bah.

Update: Ich habe das mit dem Marmorkuchen versucht & es ist gut gelungen. Ich habe nur 1 1/2 Esslöffel Kakaopulver pro Banane genommen und es ist tatsächlich besser. Die eine Teighälfte habe ich mit Erdnussbutter aromatisiert und noch 2 Esslöffel Reismehl untergerührt, aber das war vielleicht ein wenig zu viel Reismehl. Die Erdnussbutter schmecke ich immer noch nicht sehr stark. Trotzdem gut! :)

Nochmal ein Update: Nach ca. 1 Tag im Kühlschrank ist die Erdnussbutter besser schmeckbar und der Kuchen extrem guuuuuuut. \o/ Würde immer noch weniger Reismehl dazutun, aber om nom nom.

Auf einem weißen Teller sind zwei Kuchenstücke, rechts ein Stück mit mehr Schokoladeteig, rechts mit mehr Erdnussbutterteig.

Auf einem weißen Teller sind zwei Kuchenstücke, rechts ein Stück mit mehr Schokoladeteig, rechts mit mehr Erdnussbutterteig.

Wie gehabt erkläre ich zuerst genau, was ihr an Küchengerät und Zutaten braucht, weiter unten findet ihr wie immer Zutaten und Anleitung in Kürze.

Werkzeug:

1 Suppenteller oder 1 Schüssel – wenn ihr Marmorkuchen machen wollt, 2 Schüsseln – oder 1 Pürierbecher oder 1 Standmixer, je nachdem, wieviel Kuchen ihr zubereiten wollt und wieviel ihr nachher abwaschen wollt

1 Gabel oder 1 Kartoffelstampfer oder 1 Pürierstab

1 Esslöffel

1 ofenfeste Tasse oder 1 ofenfeste Form, je nach Teigmenge größer oder kleiner – der Kuchen ist eher flach, es geht also auch ein rundes Backblech für Obstkuchen.

1 Teigschaber

Butter (vegan oder nicht), Öl oder Backpapier

Zutaten:

Mindestens 1 vollreife Banane – meinen Kuchen habe ich mit 3 gemacht, für einen großen Kuchen würde ich 6 veranschlagen

Pro Banane 1 1/2 bis 2 Esslöffel Kakaopulver – ich habe stark entöltes genommen, aber ich glaube, es ist eigentlich egal. Ihr könntet z.B. auch mit weißem Schokopulver experimentieren oder mit Matcha oder mit gepulverten, getrockneten Früchten oder zwei Portionen machen und die jeweils unterschiedlich aromatisieren und dann Marmorkuchen machen.

Eventuell Nussbutter, Sonnenblumen- oder Sojabutter – je nach Geschmack & Verträglichkeit, ist nicht unbedingt nötig, aber fein. Die Menge könnt ihr selbst bestimmen: Von 2 Esslöffel pro Banane bis 2 Esslöffel für den ganzen Teig geht alles

Könnt ihr auch noch reingeben: Gehackte Nüsse, Schokolade, größere Bananenstücke, Birnenstücke, Nuss- oder Kokosmehl

Zubereitung:

Tasse oder Form einfetten oder mit Backpapier auslegen.

Backofen auf 180°C vorheizen – wenn ihr einen Tassenkuchen macht, geht der auch in der Mikrowelle.

Bananen schälen und mit der Gabel oder dem Kartoffelstampfer im Suppenteller oder in der Schüssel zerdrücken oder mit Pürierstab oder Standmixer pürieren.

Wenn ihr einen Marmorkuchen machen wollt, rührt erst alle Zutaten unter, die in den ganzen Teig sollen, z.B. Nuss- oder Kokosmehl, Nuss-, Soja- oder Sonnenblumenkernbutter, dann gebt die Hälfte oder ein Drittel des Teiges in eine andere Schüssel und rührt dort die Sachen unter, mit denen ihr den Teig aromatisieren wollt, z.B. Kakao-, Schokolade- oder Fruchtpulver. Rührt alles gut unter, bis es gut vermischt ist. Jetzt auch klein geschnittene Früchte, Nüsse, Schokolade einrühren, falls ihr sie verwendet.

Ich habe auf 3 Bananen 2 Esslöffel Erdnussbutter genommen und schmecke sie kaum heraus.

Teig in die Tasse oder Form geben. Wenn ihr Tassenkuchen macht, dann kommt der für 1 Minute in die Mikrowelle oder 10-12 Minuten in den Ofen.

Wenn ihr einen größeren Kuchen macht, dann im Ofen ca. 20-25 Minuten backen, je größer der Kuchen, desto länger, aber nicht ewig, so 30 Minuten höchstens.

Danach gibt es verschiedene Möglichkeiten: Den Kuchen gleich ohne alles oder mit Schlagobers, Eis, Früchten oder Joghurt essen – oder ihn ganz auskühlen lassen und mindestens eine Stunde im Kühlschrank ruhen lassen und dann auch so oder mit Schlagobers, Eis, Früchten oder Joghurt essen. Er wird durch das Kakaopulver doch etwas bitter und auch etwas sauer im Abgang, nicht schlimm, aber doch spürbar, daher werde ich nächstes Mal etwas weniger nehmen, dafür mehr Erdnussbutter und sehen, ob das einen Unterschied macht.

Hoffentlich schmeckt er euch auch gut!

Zutaten & Anleitung in Kürze

Mindestens 1 vollreife Banane

Pro Banane 1 1/2 bis 2 Esslöffel Kakaopulver

Eventuell Nussbutter, Sonnenblumen- oder Sojabutter – pro Banane zwischen 1/2 Teelöffel bis 2 Esslöffel, je nach Belieben

Tasse oder Form einfetten oder mit Backpapier auslegen, Backofen auf 180°C vorheizen.

Bananen schälen und gut zerdrücken oder pürieren. Kakaopulver und ev. Nussbutter gut unterrühren. Teig in Tasse oder Form geben.

Tassenkuchen: 1 Minute in der Mikrowelle oder 10-12 Minuten im Ofen. Kuchen mit 3 Bananen: 20-25 Minuten im Ofen. Kuchen mit 6 Bananen: Ca. 30 Minuten.

Frisch essen oder abkühlen lassen und mindestens 1 Stunde im Kühlschrank kühlen.

Gutes Gelingen!

Zöpfe aus Hefeteig

dav

Eigentlich heißt das Germteig. Germ ist das österreichische Wort für Hefe. Gestern habe ich auf Bitte von mmiedl nach langer Zeit wieder einmal Striezel (Zöpfe, aber nur wenn’s um Gebäck geht) gebacken und war verblüfft, wie schnell das ging. Später sprachen wir darüber und sie meinte, ich würde die Zöpfe ja quasi aus dem Handgelenk machen und irgendwie stimmt das. Ich mache schon lange Germteig und auch wenn ich mich jedes Mal konzentrieren muss damit ich ja nichts vergesse, ist mir diese Tätigkeit so vertraut, dass meistens nichts schief geht.

Das kommt nicht von irgendwo, sondern von meiner Mutter, mit der wir schon als Kinder Germteig herstellten. Daher gebe ich hier auch ihr Rezept wieder, das ein wenig süßer und reichhaltiger ist als z.B. die meisten Schweizer Rezepte für “Züpfe”, die z.B. auch ohne Eier und Milch auskommen können und weit weniger süß sind. Andererseits ist es aber nicht ganz österreichisch, weil keine Rosinen drin sind.

Ich habe am Germteig sehr zu schätzen gelernt, dass ich ihn einfrieren kann. Ich bin für vieles zu haben was die Arbeit in der Küche erleichtert und einmal Teig machen und dafür zweimal Zopf kriegen, das kommt mir ungeheuer entgegen. Soll heißen: Ich mache Teig aus einem Kilo Mehl (reicht für 2 Zöpfe von der Größe oben im Bild & davon je 1 Zopf für mich für ca. 1 Woche oder für 1 Frühstück mit ca. 4 Personen) und friere die Hälfte ein, da kann ich auch den ganzen Hefewürfel auf einmal verwenden und muss nicht verzweifelt ein anderes Anwendungsgebiet für 20g Hefe suchen. Ja, es gibt Trockenhefe, aber genau so wie ich den Teig immer von Hand knete, weil ich es nicht anders kenne, verwende ich immer frische Hefe. Bitte Google für andere Anleitungen (z.B. auch vegane oder mit der Küchenmaschine hergestellte) befragen.

Mit diesem Teig lässt sich vieles anstellen, nicht nur Zöpfe. Z.B. eignet er sich durchaus auch für Brioche, um Zimt- oder andere Schnecken herzustellen, um Osterhäschen, Brötchen, Kränze oder Grittibänze zu formen, auch für Germgugelhupf … es ist einfach ein guter Basisteig.

Wie bereits gewohnt beschreibe ich Werkzeuge und Zutaten zunächst ausführlich und am Ende findet ihr wie immer die Zutaten und Anleitung in Kürze, dort auch mit den Angaben für ein halbes Kilogramm Mehl.

Werkzeug:

1 große Teigschüssel – wenn ihr nur mit einem halben Kilo Mehl arbeitet, dann geht auch eine kleinere, aber der Bequemlichkeit beim Kneten halber nehmt eure größte und stabilste

1 stabile Tee/Kaffeetasse

1 Milch- oder anderen Topf

1 Reibe zum Zitronenschale reiben – wenn ihr so eine superfancy Mikroreibe habt, nur zu, sonst reicht eine feine Raffel

1 Teelöffel

1 Esslöffel

1 hitzeresistenter Teigschaber

1 frisches Küchentuch

1 (oder je nachdem, was ihr formen wollt) oder 2 Backbleche

Backpapier

1 Backpinsel

1 kleine Schüssel

Zutaten:

1 Kilogramm Mehl – von der Mehltype verwende ich Universalweizenmehl (in D Type 405, in Ö Type 480). Glattes Mehl geht zwar auch, ergibt aber einen anderen, dichteren Teig.

1/2 Teelöffel Salz – möglichst feinkörnig

Schale von 1 Biozitrone – könnt ihr auch weglassen, wenn ihr das nicht mögt oder gerade keine habt, das muss nicht sein – bzw. geht auch getrocknete Zitronenschale

1 Würfel frische Hefe – in Ö sind das 42 Gramm

4 Esslöffel Zucker – sind ca. 80 Gramm, ihr könnt auch nur 1 Esslöffel nehmen, wenn ihr den Teig nicht süß haben wollt oder auch mehr Zucker, wenn der Teig besonders süß sein soll – feinkörniger Zucker ist praktischer, aber im Endeffekt ist es egal

160 Gramm Butter

400 Deziliter Milch – es ist eben nicht ein halber Liter Milch, sonst wird der Teig zu klebrig und ihr müsst mehr Mehl dazugeben – wobei manchmal ein Teig mit mehr Feuchtigkeit auch erforderlich ist (für Brioche z.B.)

2 Eier – je nach Größe der Eier ev. noch ein 3. Ei oder etwas weniger Milch verwenden

Gut dabeizuhaben: Etwas mehr Mehl, etwas mehr Milch – falls euch der Teig zu klebrig oder zu trocken ist; wenn ihr den Teig mit Ei bestreichen wollt, dann noch ein Ei, wobei vor allem das Eigelb zählt, also trennt es früh, gebt das Eiweiß zum Teig dazu und verwendet ein bisschen weniger Milch

Anleitung:

Meistens geht Hefeteig bei Raumtemperatur gut auf, ihr könnt ihn aber z.B. auch über Nacht im Kühlschrank aufgehen lassen, dann aber am Besten in einem Plastikbeutel oder in einem Gefäß mit Deckel. Ich aber bin faul und mag nicht mit dem Raumklima herumtun, daher heize ich meistens kurz bevor ich mit dem Teig beginne meinen Backofen auf 50 Grad vor und stelle ihn dann ab. Dort kommt dann der Teig zum Gehen hinein. Kochschürze anziehen! :) Ich stelle mir auch ein bisschen Musik an, weil das beim Kneten unterhält.

Butter in den Topf geben und auf sehr niedriger Hitze schmelzen lassen.

Währenddessen in der großen Teigschüssel das Mehl mit dem Salz gut vermischen. Falls ihr Zitronenschale zufügen wollt, dann macht das jetzt, also entweder getrocknete Schale untermischen oder ihr wascht eure Biozitrone, trocknet sie ab und reibt die Schale mit der Reibe ins Mehl. Danach nochmal gut vermischen und eine Kuhle ins Mehl machen.

In der Tasse den Zucker mit der Hefe verrühren, zuerst ist das ein wenig mühsam, dann löst sich die Hefe immer mehr auf. Rühren, bis sich die Hefe ganz aufgelöst hat und die Mischung dünnflüssig ist.

Wenn die Butter geschmolzen ist, die Milch zur Butter geben und Temperatur prüfen. Die Mischung soll auf keinen Fall heiß sein, aber kühl-lauwarm ist gut. Ist die Mischung zu heiß, stocken die Eier und die Hefepilze sterben, dann geht der Teig nicht auf bzw. hat kleine gelbe Eierflecken drin, daher lieber kühler als wärmer. Das ist auch das einzige Ding, das ihr beachten müsst, ansonsten ist Hefeteig recht robust und verzeiht vieles.

Eier aufschlagen und in die Mehlkuhle geben. Die Zucker-Hefe-Mischung zugeben. Die Milch-Butter-Mischung vorsichtig dazugießen und den Topf mit dem hitzebeständigen Teigschaber gut auskratzen.

Jetzt kommt das Kneten. Stellt euch extra Mehl & Milch in die Nähe, damit ihr dann nicht mit Teigfingern danach suchen müsst. Viel Spaß!

Zuerst vermischt ihr alle Zutaten einfach und seht zu, dass ihr alles Mehl mit den flüssigen Zutaten gut vermengt. Wenn euch das gut gelingt, sollte an euren Händen kein Teig mehr kleben und an der Schüssel auch nicht (außer ihr wollt einen extra feuchten Teig, z.B. für Brioche).

Habt ihr den Teig zusammengeknetet, schaut, ob alles ok ist. Klebt zu viel Teig an euren Händen, gebt noch etwas Mehl dazu, aber nicht zu viel, das Mehl nimmt die Flüssigkeit beim weiteren Kneten noch auf. Bleibt zu viel Mehl in der Schüssel, gebt noch etwas Milch dazu, aber leider ist es mühsamer, mehr Feuchtigkeit zum Teig zu geben als umgekehrt, wenn es also nicht zu viel übriges Mehl ist, dann macht das lieber nicht, der Teig nimmt beim Kneten auch noch mehr Mehl auf.

Stimmt der Teig für euch, dann beginnt mit dem ernsthaften Kneten. Ich stelle dafür die Schüssel gerne aufs Sofa oder auf den Fußboden, weil ich dann optimal mit den Handballen in den Teig drücken kann. Ihr könnt die Schüssel auch auf einen Hocker stellen, mir ist es jedenfalls angenehmer, wenn die Schüssel niedriger steht, damit ich wirklich alle Kraft des Oberkörpers einsetzen kann.

Beim Kneten rotiere ich den Teig bzw. falte ihn und versuche wirklich jeden Teil gut durchzukneten, eben vor allem mit den Handballen. Das mache ich ca. 10 Minuten – oder ca. 3 Lieder lang.

Wenn ihr fertig mit Kneten seid könnt ihr euch entscheiden, ob ihr einen Teil einfriert oder nicht. Wenn ja, dann schneidet ihr so viel vom Teig ab, wie ihr einfrieren wollt und gebt die Teigstücke in Gefrierbeutel. Ich friere eher die Hälfte ein, aber Drittel oder Viertel gehen natürlich auch. Nach dem Auftauen könnt ihr den Teig zum Aufwärmen nochmals durchkneten und/oder ihn etwas länger gehen lassen oder ihn gleich über Nacht im Kühlschrank gehen lassen.

Um den Teig gut gehen zu lassen, nehmt ihr das Küchentuch und legt es über die Teigschüssel. Ich feuchte dann meine Hand mit Wasser an und beträufle das Tuch, bis es gut feucht ist. Dann kommt der Teig in den Backofen oder z.B. neben die Heizung oder an einen schön ruhigen, warmen Ort und darf eine Stunde aufgehen. Länger geht auch, besonders wenn der Teig vorher kühl war. Wenn ihr den Teig im Kühlschrank gehen lasst, müsst ihr das nicht mehr machen.

Pauuuuse! (oder 1. Abwasch oder Zeug in die Geschirrspülmaschine räumen oder was immer.)

Wenn der Teig gut gegangen ist, dann hat er sich auf ca. das Doppelte vergrößert. Knetet ihn jetzt nochmal kurz durch, da fällt er zwar wieder zusammen, aber das gehört so. Je nachdem, was ihr jetzt vorhabt, könnt ihr den Teig nun in Stücke schneiden und weiterverarbeiten.

Es gibt eine Menge verschiedener Flechtmethoden für Zöpfe, von zwei- über drei- bis zu vier- bis achtstrangig und sicher etliche Youtubevideos dazu. Ich bin faul. Ich schneide von der Teigmenge, die ich für einen Zopf verwenden will, ca. ein Drittel ab. Den größeren Teil rolle ich zu einer langen Teigwurst, den kleineren zu einer kürzeren. Dann lege ich das Ende der kürzeren Teigwurst in die Mitte der längeren, so dass das Ende oben rausguckt (wie im Bild oben) und beginne zu flechten. Am Ende drücke ich alle drei Enden gut zusammen und lege den Zopf auf das Backblech, finito.

Egal wie ihr euren Teig formt, es lohnt sich, die geformten Stücke nochmals ca. eine halbe Stunde aufgehen zu lassen. Es ist nicht unbedingt notwendig, vor allem wenn ihr unter Zeitdruck seid, aber wenn ihr den Teig jetzt schon in den Ofen schiebt, verformen sich die Stücke mehr als wenn ihr sie aufgehen lasst. Ihr könnt die geformten Stücke auch noch länger aufgehen lassen, wie ihr mögt. Ich schiebe das Backblech dazu einfach wieder in den Ofen, der ist noch warm genug.

Sind eure geformten Teile aufgegangen, geht es ans Bestreichen. Jetzt ist ein guter Moment, um den Backofen auf 180 Grad vorzuheizen. Ich bestreiche meine Zöpfe aus Faulheit nur noch mit Milch. Wenn ihr aber möchtet, dass sie schön glänzen, dann verrührt einen Eidotter mit ein wenig Milch zum Bestreichen. Wenn ihr eure Hefedinger mit z.B. Hagelzucker oder sonst etwas bestreuen möchtet, dann verwendet am Besten ebenfalls Eidotter mit Milch zum Bestreichen, das klebt besser.

Ab mit dem Zeug in den Backofen! Ich habe bei eher trockenen Teigen schon damit experimentiert, dass ich ein ofenfestes Schälchen mit Wasser danebenstelle, aber dann geht der Teig noch sehr viel mehr auf, trotzdem ist das dann etwas besser für die Flauschigkeit. Ich bin mir sicher, es gibt große Diskussionen, ob Umluft oder nicht, ich verwende für Hefeteig meistens keine, aber am Ende kam meistens doch etwas Essbares heraus, also macht wie ihr es mögt.

Von der Zeit her gilt: Je größer die Zöpfe (oder was immer), desto länger. Wenn ihr den Ofen nicht vorgeheizt habt, verlängert sich die Backzeit natürlich auch, genauso wenn der Teig vorher kalt war, also z.B. im Kühlschrank aufgegangen ist. Die zwei Zöpfe im Bild brauchten 50 Minuten. Wenn ihr verschieden große Backstücke (also z.B. 1 großer Zopf und 2 kleine Zöpfe) habt, dann nehmt die kleinen Backstücke früher raus. Um zu überprüfen, ob ein Zopf oder anderes Teil durch ist, dreht ihn vorsichtig um und klopft auf den Boden. Klingt es hohl, dann ist der Zopf durch. Wenn nicht, dann lasst ihn noch etwas im Ofen.

Auf einem Ofengitter oder Drahtuntersetzer abkühlen lassen – ganz frisch ist das Schneiden etwas schwierig, aber andererseits, lauwarmer Zopf …

Guten Appetit! \o/

Zutaten und Anleitung in Kürze:

1 Kilogramm Mehl – 500g Mehl

1/2 Teelöffel Salz – 1/4 Teelöffel Salz

Schale von 1 Biozitrone – Schale von 1/2 Biozitrone

1 Würfel frische Hefe (40 g) – 1/2 Würfel frische Hefe (20 g)

4 Esslöffel Zucker – 2 Esslöffel Zucker

160 g Butter – 80 g Butter

400 Deziliter Milch – 200 Deziliter Milch

2 Eier – 1 Ei – bzw. noch ein Ei, falls ihr euer Hefegebäck mit Ei bestreichen wollt

1 Schluck Milch

Backofen auf 50 Grad vorheizen, abstellen.

Butter in den Topf geben, auf sehr niedriger Hitze schmelzen lassen.

In der großen Teigschüssel, Mehl mit Salz und ev. Zitronenschale vermischen. Kuhle ins Mehl machen.

Zucker mit Hefe verrühren bis die Mischung dünnflüssig wird und sich die Hefe aufgelöst hat.

Wenn die Butter geschmolzen ist, Milch zur Butter gießen, ev. noch etwas aufwärmen lassen, aber ja nicht zu viel.

Eier aufschlagen und in die Mehlkuhle geben, Zucker-Hefe-Mischung und Milch-Buttermischung dazugeben.

Alle Zutaten zusammenkneten, bis sie sich gut verbunden haben, ca. 10 Minuten weiter kneten.

Ev. Teig jetzt halbieren, Hälfte einfrieren.

Teigschüssel mit angefeuchtetem Küchentuch abdecken und Teig im Ofen ca. 1 Stunde gehen lassen.

Teig kurz durchkneten, in gewünschte Teigteile schneiden, z.B. Zopf formen.

Zopf oder andere Teigteile auf dem Backblech nochmals ca. eine halbe Stunde im Ofen gehen lassen.

Backblech aus dem Ofen holen, Ofen auf 180 Grad vorheizen.

Zopf oder andere Teigteile mit Milch oder Mischung aus Eidotter und Milch bestreichen und mit z.B. Hagelzucker bestreuen.

Großen Zopf ca. 50 Minuten backen, danach Klopftest. Kleinere Teile zwischen 25 und 40 Minuten, je nach Größe.

Auf Gitter abkühlen lassen.

Guten Appetit! \o/